Die Regierungskoalition hat im Rahmen ihres Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets den Umsatzsteuersatz vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 von 19 % auf 16 % abgesenkt. Diese Maßnahme wirft vielen Bereichen Fragen auf und macht umfassende und rechtzeitige Vorbereitungen notwendig. Die Finanzverwaltung hat zeitnah zur Verkündung des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes (BGBl 2020 I S. 1512) ein Anwendungsschreiben zur befristeten Steuersatzsenkung veröffentlicht.
Die Entwicklung ist dynamisch; der Bundesrat hat dem Gesetz am 29.6.2020 zugestimmt, am 30.6.2020 erfolgte die Verkündung im Bundesgesetzblatt, sodass die Steuersatzsenkung pünktlich zum 1.7.2020 in Kraft treten konnte. Die Finanzverwaltung hatte zuvor bereits 3 Entwürfe eines Anwendungsschreibens auf der Internetseite des BMF bereitgestellt. Inzwischen liegt das finale Schreiben mit Datum vom 30.6.2020 vor.
Grundlagen der temporären Veränderung des Umsatzsteuersatzes
Grundsätzlich wird für den Regelsteuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) folgendes gelten:
Für alle bis zum 30.6.2020 ausgeführten Umsätze gilt der Regelsteuersatz von 19 %; für alle in der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 ausgeführten Leistungen gilt ein Regelsteuersatz von 16 % und ab dem 1.1.2021 soll dann wieder der (alte) Regelsteuersatz von 19 % gelten.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Mehrwertsteuer und Umsatzsteuer?
Beide Bezeichnungen (MwSt./USt.) meinen dasselbe. Von der Mehrwertsteuer ist oft umgangssprachlich die Rede, weil es um die Besteuerung des geschaffenen Mehrwerts geht. Der Begriff steht auch auf manchen Rechnungen oder Quittungen. Der steuerrechtlich korrekte Fachbegriff lautet jedoch Umsatzsteuer, weil der Umsatz von Waren und Dienstleistungen besteuert wird.
Ausführung des Umsatzes maßgeblich
Für die Entstehung der Umsatzsteuer und die zutreffende Anwendung des Steuersatzes kommt es darauf an, wann die Leistung ausgeführt worden ist. Von Bedeutung ist also nur, wann die entsprechende Leistung nach umsatzsteuerrechtlichen Regelungen ausgeführt wurde. Auch die Vereinnahmung von Anzahlungen oder Vorauszahlungen ist für die endgültige Entstehung der Umsatzsteuer der Höhe nach ohne Bedeutung, § 27 Abs. 1 UStG.
Zur korrekten Ermittlung der Umsatzsteuer muss damit immer festgestellt werden, wann die Leistung ausgeführt ist. Besondere Probleme ergeben sich bei langfristigen Verträgen, die über den Zeitpunkt des Steuersatzwechsels hinaus ausgeführt werden.
Grundsätzlich gilt für die Ausführung einer Leistung Folgendes:
Lieferungen (auch Werklieferungen) gelten dann als ausgeführt, wenn der Leistungsempfänger die Verfügungsmacht an dem Gegenstand erworben hat; wird der Gegenstand befördert oder versendet, ist die Lieferung mit Beginn der Beförderung oder Versendung ausgeführt (Abschn. 13.1 Abs. 2 UStAE).
Wichtig: Entstehung der Umsatzsteuer
Grundsätzlich gilt: Die Umsatzsteuer entsteht endgültig erst mit Ausführung einer Leistung oder Teilleistung – Anzahlungen sichern keinen Steuersatz
Neben der tatsächlich (endgültig) ausgeführten Leistung führt auch eine abgeschlossene Teilleistung zur endgültigen Entstehung einer Umsatzsteuer. Damit eine Teilleistung vorliegen kann, müssen 2 notwendige Bedingungen nach nationalem Recht vorliegen.
- Es muss sich um eine wirtschaftlich sinnvoll abgrenzbare Leistung handeln und
- es muss eine Vereinbarung über die Ausführung der Leistung als Teilleistungen vorliegen, die Teilleistung muss gesondert abgenommen und abgerechnet werden.
Einzelfragen
Die Anpassungsfragen bei der Änderung des Steuersatzes sind von einer Vielzahl von Einzelfällen geprägt. Dabei sind neben der Berücksichtigung von systematischen Grundsätzen auch Vereinfachungsregelungen zu beachten, die die Finanzverwaltung regelmäßig im Zusammenhang mit Steuersatzänderungen angewendet hat. Nachdem sich die Finanzverwaltung inzwischen mit BMF-Schreiben vom 30.6.2020 zu der Steuersatzänderung geäußert hat, ist klar, dass die meisten Abgrenzungsfragen entsprechend der früheren Umsetzung beantwortet werden:
Anzahlungen
Besonders zu beachten ist bei einer Steuersatzänderung die korrekte Ermittlung der geschuldeten Umsatzsteuer, wenn der Unternehmer für seine Leistungen Anzahlungen oder Vorauszahlungen vereinnahmt hat. Dabei sind grundsätzlich die folgenden Möglichkeiten denkbar (die Zusammenstellung erfolgt anhand der Annahme, dass die Absenkung des Steuersatzes nicht über den 31.12.2020 hinaus verlängert wird):
Leistungserbringung |
Anzahlungen |
Steuerliche Behandlung |
Leistung oder Teilleistung erbracht bis 30.6.2020 |
Ob Anzahlungen geleistet worden sind ist unerheblich |
Die Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz mit 19 % bzw. mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % |
Leistung oder Teilleistung erbracht nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 |
Anzahlungen sind vor dem 1.7.2020 nicht geflossen |
Die Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz mit 16 % bzw. mit dem ermäßigten Steuersatz von 5 % |
Leistung oder Teilleistung erbracht nach dem 30.6.2020 und vor dem 1.1.2021 |
Anzahlungen sind ganz oder teilweise vor dem 1.7.2020 geflossen |
Die Anzahlungen vor dem 1.7.2020 waren mit 19 % bzw. 7 % besteuert worden (der leistende Unternehmer könnte aber auch schon in der Anzahlungsrechnung für Leistungen, die in der Zeit ab dem 1.7. bis 31.12.2020 ausgeführt werden - soweit dies sicher ist -, den Regelsteuersatz mit 16 % bzw. 5 % angeben; in diesem Fall entsteht die Umsatzsteuer auch schon bei Zahlungszufluss mit dem entsprechenden Steuersatz), bei Ausführung der Leistung in der Zeit ab dem 1.7. bis 31.12.2020 sind die Leistungen mit 3 % zu entlasten. |
Leistung oder Teilleistung erbracht nach dem 31.12.2020 |
Anzahlungen sind vor dem 1.1.2021 nicht geflossen |
Die Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz mit 19 % bzw. dem ermäßigten Steuersatz von 7 % |
Leistung oder Teilleistung erbracht nach dem 31.12.2020 |
Anzahlungen sind ganz oder teilweise in der Zeit zwischen dem 1.7. und dem 31.12.2020 geflossen |
Die Anzahlungen können mit 16 % bzw. 5 % besteuert werden (der leistende Unternehmer kann aber auch schon in der Anzahlungsrechnung für Leistungen, die in 2021 ausgeführt werden, den Regelsteuersatz mit 19 % bzw. 7 % angeben; in diesem Fall entsteht die Umsatzsteuer auch schon bei Zahlungszufluss in 2020 mit 19 % bzw. 7 %), bei Ausführung der Leistung ab 2021 sind die Leistungen mit 3 % bzw. 2 % nachzuversteuern. |
Wichtig: Nichtbeanstandungsregelung bei Anzahlungen für Leistungen nach Steuersatzänderung
Grundsätzlich entsteht eine Umsatzsteuer bei einer Anzahlung nach den gesetzlichen Regelungen, die zum Zeitpunkt des Zahlungszuflusses gelten. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber nicht, wenn in Anzahlungsrechnungen auch schon vor Inkrafttreten der Änderung mit dem zukünftigen Steuersatz abgerechnet wird, wenn die Leistung erst nach Steuersatzänderung ausgeführt wird. Dies gilt nach dem BMF-Schreiben sowohl bei dem Übergang zum 1.7.2020 als auch zum 1.1.2021.
Die Entlastung bzw. die Nachversteuerung von Anzahlungen erfolgt in der Voranmeldung des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung oder Teilleistung, auf die sich die Anzahlung bezieht, ausgeführt ist. Besteuert der Unternehmer seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten, erfolgt die Entlastung bzw. Nachversteuerung in dem Voranmeldungszeitraum, in dem das restliche Entgelt vereinnahmt wird.
Was ist der Unterschied zwischen Anzahlungs- und Abschlagsrechnungen?
Beide Bezeichnungen sind nach HGB gleichwertig für den Steuerfall. Im Unterschied zu den Teilrechnungen steht den Anzahlungen keine vereinbarte und abgenommene Leistung gegenüber. Anzahlungen werden daher nicht Bilanziert und die USt. ist im Unterschied zu Teilrechnungen erst mit Zahlungseingang wirksam!
Teilleistungen
- Die Regelung des § 13 UStG (Soll Besteuerung), wonach bei der die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind, gilt auch für Teilleistungen.
- Eine Teilleistung liegt vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wurde.
- Nach Verwaltungsauffassung setzen Teilleistungen voraus, dass eine Leistung nach wirtschaftlicher Betrachtung überhaupt teilbar ist und dass sie nicht als Ganzes, sondern in Teilen geschuldet und bewirkt wird. Nach einem Kommentar (Goetze) ist eine Leistung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise dann teilbar, wenn die Teilleistung für den Auftraggeber auch dann einen Wert behalten würde, wenn die ursprünglich gewollte Gesamtleistung nicht ausgeführt würde.
Beispiel
Ein Unternehmer wird beauftragt, in einem Wohnhaus Parkettfußböden zu legen. In der Auftragsbestätigung sind die Materialkosten getrennt ausgewiesen. Der Unternehmer versendet die Materialien zum Bestimmungsort und führt dort die Arbeiten aus. Gegenstand der vom Auftragnehmer auszuführenden Werklieferung ist der fertige Parkettfußboden. Die Werklieferung bildet eine Einheit, die nicht in eine Materiallieferung und in eine Werkleistung zerlegt werden kann.
Bauleistungen
Ein besonderes Problem ergibt sich bei Bauleistungen. Bei Bauleistungen liegen regelmäßig in der Praxis nicht die Voraussetzungen für Teilleistungen vor. Es werden zwar häufig wirtschaftlich abgrenzbare Leistungen ausgeführt, überwiegend fehlt es hier aber an einer Vereinbarung von Teilleistungen und der entsprechenden steuerwirksamen Abnahme von solchen Teilleistungen. Dies kann jetzt – je nach Situation – zum Vor- oder Nachteil für die Leistungsempfänger werden.
Unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer auf Rechnungen
Rechnungsempfänger darf nicht doppelt Vorsteuer beantragen können
Ein besonderes Problem ergibt sich insbesondere bei der Absenkung der Steuersätze zum 1.7.2020. Stellt ein Unternehmer eine Rechnung noch mit dem alten Steuersatz von 19 % (oder 7 %) aus, erbringt die Leistung aber zwischen dem 1.7. und dem 31.12.2020 hat er zu viel Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen (unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer, § 14c Abs. 1 UStG.). Dieser zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuerbetrag wird von dem Unternehmer geschuldet. Dieser zu hoch ausgewiesene Steuerbetrag kann aber von einem grundsätzlich vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfänger nicht als Vorsteuer abgezogen werden.
Werden einheitliche Bauleistungen in der Zeit ab dem 1.7.2020 bis 31.12.2020 ausgeführt (i. d. R. ist hier die Abnahme durch den Auftraggeber maßgeblich), unterliegt die gesamte Leistung dem Regelsteuersatz von dann 16 %, unabhängig davon, in welchem Umfang schon (mit 19 %) besteuerte Anzahlungen geleistet worden waren. Entsprechend ist die Leistung dann wieder dem Regelsteuersatz von 19 % zu unterwerfen, wenn die Leistung nach dem 31.12.2020 ausgeführt wird.
Einem überhöhten Steuerausweis ähnlich ist der Fall, einer zu hoch ausgewiesenen Steuer auf der Schlussrechnung, bedingt durch einen nicht korrekten Abzug einer (nicht) nicht vollständigen gezahlten Anzahlungsanforderung. Damit der Rechnungsempfänger nicht die Möglichkeit hat, Vorsteuer (anteilig) doppelt in Anspruch zu nehmen, sollte vor Erstellung einer Schlussrechnung eine (anteilig) nicht bezahlte Anzahlungsanforderung (korrigiert) storniert werden.
Soweit bei Leistungen gegenüber einem nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfänger ausgeführt werden, sollte der Abschluss ggf. – ohne hier eine missbräuchliche Gestaltung vorzunehmen – in die Zeit zwischen dem 1.7.2020 und dem 31.12.2020 gelegt werden.
Disclaimer: Diese Ausführungen zur MwSt.-Senkung 2020 und dem UStG sind Grundlage für die Umsetzung in Regelwerke im Softwaremodul ZAREMBA.FAKTURA und spiegeln unser Verständnis bei der Umsetzung dar. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass wir keine steuerliche- oder Rechtsberatung mit diesen Ausführungen beabsichtigen oder diese gar ersetzen wollen.
Die Umsetzung des BMF Anwendungsschreiben in der Fakturierung und Kontierung
Schon unmittelbar nach bekannt werden der ersten Entwürfe des BMF wurde für die Fakturierung ein erstes Wartungsrelease zur Berücksichtigung der neuen USt. Sätze bereitgestellt. Betroffen von den Erweiterungen der USt. Änderungen sind sowohl die Kalkulation als auch Erstellung sämtlicher Auftragsbelege insbesondere die Fakturierung; von der Anzahlung bis zur Rechnung. Basis für die USt.-Findung in dem Software-Modul FAKTURA sind wie zuvor die Erfassung des (Liefer- oder) Leistungsdatum sowie für die Kontierung die erforderlichen Sachkonten im SKR3 und SKR4. Für unsere Deutschen Anwender konnten die erforderlichen Erweiterungen bereits frühzeitig bereitgestellt werden.
Bestimmung des richtigen MwSt.-Satz und die Abgrenzung.
Bei einfachen Bauvorhaben, welche auf Rechnung geliefert werden, ist die Handhabung der USt. Neuregelung relativ einfach. Aus einem Angebot/Auftrag wird eine Rechnung und aus dem Leistungdatum (Abnahmedatum) der Rechnung resultiert der gültige MwSt-Satz von 19, 16 oder wieder 19%. Aber auch die Fortführung verfügbare Umsatz- und Erlös-Auswertungen für einzelnen Produktgruppen, Debitoren und Zeiträume bleiben erhalten.
Sobald jedoch eine Anzahlung, Abschlagsrechnung und/oder Teilrechnungen sowie ein längerer Zeitraum für die vollständige Abwicklung ins Spiel kommt wird es schon etwas komplizierter eine Schlussrechnung mit gültiger USt. zu erstellen. Für die jeweils gültige USt. sind in derartigen Fällen einige Regeln zu beachten. So ist für Anzahlungen und Abschlagsrechnungen der Zeitpunkt des Geldflusses für den gültigen MwSt.-Satz maßgebend. Bei Teil- und Schlussrechnung hingegen das Liefer-/Leistungsdatum. Vor diesem Hintergrund wurden weitere Erweiterungen vorgenommen und ausgeliefert.
- Die Angabe des Lieferdatum auf Rechnung bleibt unveränderter Bestandteil der Anforderungen an eine Rechnung. Für die Bestimmung und der Abgrenzung der gültigen MwSt. ist von besonderer Bedeutung geworden. Wir empfehlen daher dieses Datum nicht in einem Textbaustein sondern in dem Beleg-Dialog anzugeben!
- Für die Abgrenzung der USt muss der Zahlungseingang mit Betrag, MwSt. und Datum erfasst werden. Optional können noch die betroffenen Finanzkonten und Kommentare angegeben werden.
- Bei Teil-Rechnungen kann über die Option "Vereinbarte, abgenommene Teilleistung" auf den Character einer abgerechneten Teilleistung anstelle einer Abschlagszahlung hingewiesen werden. Davon ist die ggf. erforderliche Korrektur der USt. auf der Schlussrechnung abhängig.
- Für Anzahlungs- und Abschlagsrechnungen sollte vor Erstellung der Schlussrechnung ein Zahlungseingang vorliegen. Ansonsten muss ein Storno oder eine Korrektur der Anzahlungsrechnung ausgestellt werden! Eine durchgängige Erfassung von Zahlungseingängen zur Bestimmung der USt. ist vor diesem Hintergrund unabdingbar.
Neue Vorlage für Schlussrechnungen.
Für eine kompakte und verständlichere Darstellung von Anzahlung, Teil- und Abschlagsrechnungen auf der Schlussrechnung wurde eine Tabelle in der Formularvorlage eingeführt.
Diese Darstellung der Anzahlung und Teilrechnungen in einer Tabelle kann per Option mit und ohne Zahlungseingänge ausgegeben werden. Zu den Einzelheiten der Abschnitte in den einzelnen Bereichen der neuen Darstellung:
- Im oberen Teil befindet sich eine Zusammenfasung der Leistungen abz. Sonderkonditionen und zzgl. gültiger Umsatzsteuer entsprechend dem Leistungsdatum der Gesamtleistung. Bei einem langfristigen Projekt mit wechselnden MwSt-Sätzen werden u.U. die betroffenen Umsätze mit einem abweichenden MwSt.-Satz ausgewiesen. Dieser Fall tritt ein, wenn eine Teilrechnung mit der Option "vereinbarte und abgenommene Leistung" gekennzeichnet ist. Ansonsten wird die gültige USt. abhängig vom Liefer-/Leistungs-Datum ausgewiesen.
- Im mittleren Teil befindet sich eine Aufstellung der Teilrechnungen und soweit verfügbar, die Zahlungseingänge und das bis dato gezogenen Skonto. Bei Anzahlungen ist der Zeitpunkt der Zahlung entscheidend für die gültige USt.
- Aus den Daten der Aufstellung ergibt sich der Rechnungsbetrag bestehend aus Netto- und Brutto sowie dem Betrag der ggf. korrigierten MwSt.
- Im unteren Teil wird die sich aus Zahlungseingängen und Forderungen aus Belegen ergebende "verbleibende Restzahlung" ausgewiesen.
- Abschließend und basierend auf den zuvor ausgewiesenen Daten wird auf ein noch verfügbarer Skonto Abzug hingewiesen. Dieser Text ist in den Stammdaten für Zahlungsbedingungen frei konfigurierbar.
Ausweis der USt. bei nicht vollständig bezahlter Anzahlung
Rechnungsempfänger darf nicht doppelt Vorsteuer beantragen können
Für Anzahlungs- und Abschlagsrechnungen sollte vor Erstellung der Schlussrechnung ein Zahlungseingang vorliegen. Ansonsten muss ein Storno oder eine Korrektur der Anzahlungsrechnung ausgestellt werden!
In dem folgenden Beispiel wurde eine Anzahlungsrechnung (Beleg-Nr. 553) in Höhe von Netto 1.500,- € gestellt. Jedoch wurde nur 1.000,- € Netto zzgl. USt. bezahlt. Bei Anzahlungen ist jedoch das Datum des Geldflusses maßgebend für den wirksamen Ausweis (Abzugsfähigkeit) der Umsatzsteuer. Zum Zeitpunkt der Schlussrechnung liegt für den Fehlbetrag der Anzahlung keine abzugsfähige USt. vor. Zur Vermeidung von Diskussionen über zu hoch oder doppelt ausgewiesene USt. ist daher eine Korrektur der Anzahlung vor der Schlussrechnung zu erstellen! Das gleiche Prinzip ist auch bei nicht bezahlten Anzahlungen in Form einer Stornierung anzuwenden.
Vor diesem Hintergrund ist eine durchgängige Erfassung von Zahlungseingängen im System zur Wirksamkeit der USt. bei Anzahlungen unabdingbar. Somit werden neben einer aktuellen OP-Liste auch Fehler beim Ausweis der USt. auf Schlussrechnungen vermieden.
Die Aufstellung abzugsfähigen Anzahlung(en) mit einer Anzahlungskorrektur in Höhe des Fehlbetrages zzgl. USt.:
Die Aufstellung weist zunächst für die Gesamtleistung einen Festpreis von Brutto 4.500,- € aus. In der Rechnungsaufstellung werden die Anzahlung (Beleg Nr. 553) und der verminderte Zahlungseingang (1.190,-€) ausgewiesen. Für den Fehlbetrag der Anzahlung (500,-€ Netto) wurde eine Anzahlungskorrektur (Beleg 554) erstellt. Aus diesen beiden Belegen (553, 554) ergibt sich der wirksam zu berücksichtigenden USt. (190,-€) auf der Schlussrechnung (1.000,- € Netto).
Abschlagsrechnungen und Teilrechnungen auf der Schlussrechnung.
Mit der USt.-Senkung 2020 werden insbesondere bei Bauleistungen infolge großer Zeiträume für die vollständige Abwicklung besondere Anforderungen and Abgrenzungen wechselnder USt.-Sätze gestellt.
Vorab: Die Grundsätze zum Ausweis der USt. ist im UStG festgehalten und darüber hinaus ist das Anwendungsschreiben des BMF zur USt.-Senkung zu beachten.
Grundsatz Nr. 1: Entstehung der Umsatzsteuer
Grundsätzlich gilt: Die Umsatzsteuer entsteht endgültig erst mit Ausführung einer Leistung oder Teilleistung – Anzahlungen sichern keinen Steuersatz
Das folgende Beispiel betrachtet einen Vorgang über den Zeitraum Mai 2020 bis Aug. 2020. Die folgenden Ausführungen sind insbesondere für die Übergangszeiten Juni/Juli 2020 aber auch Dez./Jan. 2021 von besonderem Interesse.
In diesem Beispiel wurden eine Anzahlung und eine Teilrechnung vor dem 1.7.20 erstellt. Die Teilrechnung wurde als "vereinbarte, abgenommene Leistung" (Juni 2020) gekennzeichnet. Derartige Belege werden in der Folge mit einem "∗" in der Aufstellung gekennzeichnet. Die USt. dieser Teilleistungen werden (und dürfen auch) nicht in der Schlussrechnung korrigiert werden!
Gesamtleistung
Die Gesamtleistung fällt in diesem Beispiel infolge des Leistungsdatum in den Zeitraum nach dem 1.7.20 und somit ist 16% USt. auszuweisen. Ausnahme: Die Teilrechnung (Nr. 557) welche eine vereinbarte, abgenommene Leistung vor dem 1.7.20 darstellt und somit den Grundätzen für die Entstehung der 19% USt. maßgebend ist. Aus diesem Grund wird (muss) die Gesamtleistung mit zwei gültigen USt.-Sätzen ausgewiesen werden!
Rechnungsaufstellung
Die Anzahlung-Anforderung weist einen vor dem 1.7 gültigen USt.-Satz von 19% aus. (Hinweis: Sobald absehbar ist, dass die Leistung in einem Zeitraum mit geänderter USt. fällt, kann dieser durch Angabe des Lieferdatum bereits vorzeitig angegeben werden und wirksam die USt. verändern.).
Die USt. Überzahlung aus der Anzahlung wird mit dem Abzug des USt. Betrages [€] aus der Gesamtleistung auf 16% USt. wirksam korrigiert. Der Rest erfolgt in der Buchhaltung bzw. mit der Kontierung von Anzahlungen und Rechnungen! Es ist also nicht erforderlich, für die Anzahlunsanforderung mit 19% eine Stornierung und einen neuen Beleg mit Ausweis der gültigen 16% USt. infolge des Leistungsdatum der Schlussrechnung anzufertigen.
Die 19% USt. aus der Teilrechnung wird mit dem Abzug der in der Gesamtleistung bereits ausgewiesenen 19% USt. ausgeglichen und somit nicht(!) korrigiert. Beachten Sie das die Nachweispflicht beim Leistungsgeber liegt. Unter der Annahme das es sich nicht um eine Teilleistung/Teilrechnung handelt, sondern um eine AZ Abschlagszahlung (2.Anzahlung) müßte die gesamte Leistung mit 16% ausgewiesen und die USt. wie bei der Anzahlung zuvor korregiert werden.
Im Ergebnis wird ein Rechnungsbetrag [€] als Basis für die Umsatzsteuererklärung abzüglich gesondert aufgeführtem Skonto ausgewiesen. In der Zeile Rechnungsbetrag wird bewusst auf den Ausweis der USt. Prozentzahl verzichtet. In dem angeführten Beispiel ergibt sich infolge der Überzahlung (Korrektur) der USt. aus der Anzahlung ein Prozentsatz von rechnerisch 12,4 %. Das ist in Ordnung und aufgrund der Tabelle auch nachvollziehbar. In der Umsatzsteuererklärung erscheinen diese Beträge [€] trotzdem unter 16% USt.!
Zahlungseingänge
Dieser Part "Zahlungseingänge" wird als Option zur Ausgabe auf der Rechnung angeboten. In den letzten Spalten der Tabelle "Rechnungsaufstellung" werden Informationen zum Brutto-Zahlungseingang auf die bisher ausgestellten Belege. In der Regel sollte der Rechnungsbetrag und die Restzahlung übereinstimmen. Bei Über- und Unterzahlungen sind die Abweichungen schnell erkennbar.
In dem Beispiel wurde die Teilrechnung nicht vollständig ausgeglichen und in der Folge die offene Restzahlung vom Rechnungsbetrag entsprechend abweicht. Bei der Teilrechnung handelt es sich um eine "vereinbarte und abgenommene Leistung". Daher kann die USt. trotz Unterzahlung in vollem Umfang wirksam von der Gesamtleistung abgezogen werden. Eine Korrektur der Teilrechnung ist nicht erforderlich! Dieser Sachverhalt ist in der Kontierung von Teilleistungen begründet welche von denen der Anzahlungen abweichen. In der Sache macht es natürlich Sinn den Einbehalt im Vorfeld der Schlussrechnung zu klären und ggf. eine Rechnungskorrektur auszustellen.
Im Ergebnis wird eine Restzahlung unter Berücksichtigung der Gesamtleistung abzüglich Zahlungseingang (optional) ausgewiesen. Neben dem korekten Ausweis der Restzahlung hat dieser Part erheblichen Einfluss auf den wirksamen Abzug von Anzahlungs- und Abschlags-Rechnungen!
Sonderfälle der Fakturierung
Hinweis: Derartige Szenarien einer Rechnung mit anteilig unterschiedlichen USt.-Sätzen werden derzeit NICHT bei Brutto-Festpreis Vereinbarungen unterstützt!
Vorteil Rechnungsaufstellung 2020
Im Ergebnis können mit der beschriebenen Aufstellung (Tabelle) eine Vielzahl von Diskussionen mit Kunden, Steuerberatern und Betriebsprüfern verkürzt oder sogar vermieden werden. Insbesondere im Hinblick auf die unternehmerische Verantwortung zur Einhaltung von Pflichten aus den Anforderungen an einen wirksamen Ausweis der UST. auf der Rechnung und den Anforderungen aus der GoBD wird mit dem Update automatisch eine Anpassung Ihrer Formulare (Briefkopf) durchgeführt. Damit ist diese Neuerung auch für Ihre Formulare (Briefkopf) sofort (auch für bereits erstellte Schlussrechnungen) wirksam.
Disclaimer: Diese Ausführungen zur MwSt.-Senkung 2020 und dem UStG sind Grundlage für die Umsetzung in Regelwerke im Softwaremodul ZAREMBA.FAKTURA und spiegeln unser Verständnis bei der Umsetzung dar. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass wir keine steuerliche- oder Rechtsberatung mit diesen Ausführungen beabsichtigen oder diese gar ersetzen wollen.
Text/Gestaltung: Dipl. Ing. Holztechnik Uwe Zaremba
Quellen:
Prof. Rolf-R. Radeisen, StB, Dipl.-Kfm, haufe.de
Carsten Zaremba Betriebswirt, Schwerpunkte Controlling und Wirtschaftsinformatik, zarcon.de